Wertheim. So viel Andrang wie am Dienstagnachmittag herrscht an der Feuerwache Wertheim selten.Nicht nur Feuerwehr, sondern auch THW, DRK, DLRG und Polizei waren auf Einladung der Stadt Wertheim und der beiden Bundestagsabgeordneten Nina Warken und Alois Gerig zum Besuch von Bundesinnenminister Thomas de Maizière in Wertheim gekommen und lauschten den Überlegungen des 63-Jährigen zu den »Herausforderungen für Ehrenamtliche und Sicherheitskräfte«.
In Wahlkampfzeiten schmückt man sich als Abgeordneter gerne mit dem Besuch eines bedeutenden Bundespolitikers in seinem Wahlkreis und so waren auch Nina Warken, Mitglied im Innenausschuss des Bundestages und Alois Gerig sichtlich stolz, dass de Maizière ihrer Einladung gefolgt war. Ihm sei es ein besonderes Anliegen den freiwilligen Helfern der »Blaulichtdienste« in Wertheim zu danken, betonte der Minister. Insgesamt gebe es 1,8 Millionen freiwillige Helfer bei den verschiedenen Organisationen, die immer zur Stelle seien, wenn es »wirklich wichtig wird«. Anders als in anderen europäischen Ländern setze Deutschland bei diesen wichtigen Diensten auf die einzigartige Verbindung zwischen »Leidenschaft, Herz, Sachkunde und Professionalität«, wie sie nur bei Ehrenamtlichen zu finden sei.
»Gewaltige Herausforderungen«
Aufgabe der Politik im Zusammenspiel der Kräfte sei es, die Rahmenbedingungen zu setzen und die Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Ein besonderes Augenmerk müsse in Zukunft auf die Nachwuchsgewinnung gelegt werden, denn auf die Hilfs- und Rettungsorganisationen kämen immer größere Herausforderungen zu. So könne er sich vorstellen, dass die Feuerwehr oder das THW in Zukunft auch für die Sicherheit der IT-Infrastruktur zuständig sein könnten. Auch der Umgang mit Epidemien könnte eventuell ehrenamtlich organisiert werden, meinte de Maizière, der in vielen Bereichen »gewaltige Aufgaben, aber auch große Chancen« für die ehrenamtlichen Strukturen sieht. Sprachlos mache ihn, wenn er von Angriffen auf Polizisten und Rettungskräfte, aber auch auf Lehrer und Angestellte von Finanzämtern und Arbeitsagenturen höre. »Alleine im vergangenen Jahr waren das 70 000«, stellte er fest. Er schlug die Brücke zu den Vorkommnissen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg. »Wer uns schützt, hat einen besonderen Anspruch auf Schutz«, stellte de Maizière fest. Er verteidigte das Vorgehen der Polizei und widersprach allen, die Zweifel daran hatten, ob der Austragungsort richtig war. Eine Veranstaltung dieser Größe könne nur in einer Großstadt abgehalten werden und vor allem dürfe man sich nicht von Chaoten vorschreiben lassen, wo man eine solche Großveranstaltung abhalte. Die Ereignisse rund um das Vorgehen der Polizei würden intern penibel aufgearbeitet, ohne dass »selbst ernannte Experten« das fordern müssten, kündigte der Minister an. Er forderte, dass nicht nur die Straftäter verfolgt, sondern auch die Unterstützerstrukturen, die er im Linksextremismus verortete, zerschlagen werden müssten.
Viel bleibt außen vor
Eine ganze Reihe von Aufgaben, die ein »Minister für den gesellschaftlichen Zusammenhalt«, wie de Maizière sich gerne nennt, hat, mussten bei seinem Vortrag außen vor bleiben. Beispielhaft nannte er die Zuständigkeit für Flucht und Migration, IT-Sicherheit und Spitzensport. Bevor er sich aufmachte zu seinem nächsten Termin, trug sich der Minister noch ins Goldene Buch der Stadt ein.
Sichtlich beeindruckt zeigte er sich von der Dokumentation, auf der die Feuerwehr Zeitungsausschnitte und Fotografien der jüngsten Hochwasserereignisse gesammelt hatte. Gerade in diesen Notsituationen arbeiteten alle Organisationen in Wertheim gut zusammen, lobte Oberbürgermeister Stefan Mikulicz.
Peter Riffenach
Hintergrund: Stimmen zum Besuch von Thomas de Maizière
Als »gradlinig, kompetent und ehrlich« bezeichnete der Bundestagsabgeordnete Alois Gerig seinen Parteifreund Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Dienstag bei seinem Besuch in der »Vorzeigefeuerwache«, wie seine Kollegin Nina Warken den Austragungsort bezeichnete. Neben zahlreichen Angehörigen von Feuerwehr, THW, DRK und Polizei begrüßten Oberbürgermeister Stefan Mikulicz und Bürgermeister Wolfgang Stein sowie die beiden Landräte Reinhard Frank (Main-Tauber-Kreis) und Achim Brötel (Neckar-Odenwald-Kreis) und zahlreiche Bürgermeister, Stadt- und Kreisräte den Gast aus Berlin.
»Der Staat und seine Institutionen vermag viel, aber alles vermag er nicht«, zitierte Warken eine Aussage des Innenministers, mit der er für mehr ehrenamtliches Engagement warb. Das wiederum lobte der Minister in seinem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Er bedankte sich für die Gastfreundschaft und das ehrenamtliche Engagement durch die Feuerwehr und die anderen »Blaulichtorganisationen«.
Einziger Frager nach der Rede von de Maizière war übrigens Johann Vogeltanz, Stadtrat der Freien Bürger und früherer Dienstellenleiter in Wertheim. Er kritisierte, dass man aus den EZB-Randalen in Frankfurt nicht die richtigen Schlüsse gezogen habe und befürchtete, dass die Ereignisse am Rande des G20-Gipfels Interessenten vom Dienst bei der Polizei abschrecken werden. (Peter Riffenach)