Hundheim. Zum 47. politischen Aschermittwoch mit traditionellem Heringsessen versammelten sich über 200 Mitglieder der CDU des Main-Tauber-Kreises in Hundheim.
Kreisvorsitzender Professor Dr. Wolfgang Reinhart forderte in seiner motivierenden und selbstkritischen Rede einen programmatischen Aufbruch der Christdemokraten. Dabei sparte der Abgeordnete nicht mit kritischen Worten zu Dauer und Ausmaß der Koalitionsverhandlungen in Berlin, forderte aber gleichzeitig „Maß und Mitte“ bei der Kritik zu Inhalt und Ergebnis des Koalitionsvertrages.
Die Ressortverteilung ist aus Sicht Reinharts „eine bittere Pille für die CDU“. Außer dem Kanzleramt besetzt die CDU künftig kein Schlüsselressort mehr. Der Verzicht auf die klassischen Ministerien lasse die Partei in den Augen vieler beliebig wirken. „In dieser Rollenverteilung wird es schwer für die CDU, wieder Profil zu gewinnen und abgewanderte Wähler neu zu erreichen“, ist sich der Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Landtag sicher.
Sowohl bei CDU als auch bei SPD sieht er keinen Unterschied mehr beim „politischen Markenkern“ und die inzwischen üblichen detaillierten Festlegungen im Koalitionsvertrag ließen zudem kaum noch Raum für eigene klare Positionen oder Ideen im politischen Wettbewerb. Für ihn, so Reinhart, seien Koalitionsverträge „nicht das Evangelium“ und es mache wenig Sinn, alle Fragen einer ganzen Wahlperiode im Voraus bis ins letzte Komma regeln zu wollen.
Es sei vielmehr Aufgabe der gewählten Volksvertreter, abzuwägen, zu debattieren und zu entscheiden. Es könne auch nicht sein, dass Parlamentarier letztlich nur die Stallorder von Koalitionsrunden abarbeiten. Seine Forderung: „Wir brauchen jetzt eine breite Diskussion darüber, wofür die CDU in Zukunft stehen soll und wir müssen jetzt einen Fahrplan festlegen, in welcher Formation wir inhaltlich und personell als CDU ins nächste Jahrzehnt gehen wollen.“
Der Koalitionsvertrag von Union und SPD lege einen klaren Schwerpunkt auf die großen Zukunftsthemen der Gesellschaft, bewertete Reinhart das Papier. Er lobte die Pläne der künftigen „GroKo“ zur Digitalisierung. Es seien Milliardenprogramme für die Glasfaser- und Mobilfunknetze vereinbart, Innovationskultur, Forschung, Entwicklung nehmen breiten Raum ein. Auch für die Verkehrsinfrastruktur seien Rekordinvestitionen vorgesehen. Außerdem bringe das Baukindergeld für junge Familien eine substanzielle Hilfe auf dem Weg in die eigenen vier Wände.
Alles in allem beurteilte Reinhart den Koalitionsvertrag als ein „gutes Programm für Deutschlands Zukunft“. In der Zuwanderungspolitik habe sich die Union durchgesetzt, denn es sei wichtig, dass die Zuwanderung geordnet und begrenzt werde.
Weniger zufrieden zeigte sich Reinhart bei der Steuerentlastung. Hier hätte sich die CDU mehr vorstellen können, aber auch diese große Koalition lasse die Chance auf eine wirkliche Entlastung der breiten Einkommensmitte aus.
Bundestagsabgeordneter Alois Gerig blickte in seinem Grußwort beim Politischen Aschermittwoch auf das ernüchternde Wahlergebnis vom 24. September zurück und zeigte Unverständnis für das Taktieren der FDP bei den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen, was ihn persönlich sehr enttäuscht habe. Jetzt müsse man den Blick nach vorne richten und der Großen Koalition eine neue Chance geben. Denn so schlecht habe man nicht regiert und alle Welt beneide die Bundesrepublik um ihren Wohlstand.