Bei Besuch der Seniorenunion in Moschee um Offenheit geworben
Wertheim. Als die Seniorenunion am Freitag erstmals die Wertheimer Selimiye-Moschee besucht hat, fremdelten die CDU-Senioren anfangs gehörig. Der Vorsitzende der Seniorenunion Bernd Küchler fand, dass es wirklich an der Zeit sei, dem Gotteshaus der rund 400-köpfigen muslimischen Gemeinde endlich die Aufwartung zu machen.
Er erinnert sich noch gut an den 20-jährigen Kampf um einen Moscheebau, der von einer in Wertheim gegründeten rechtspopulistischen Bürgerbewegung verhindert worden war. Die türkische Gemeinde habe sich damals sehr klug verhalten und sei nicht auf die Provokationen eingestiegen, sagte Küchler. Jetzt werde sie mit dem schmucklosen Gotteshaus im Gewerbegebiet aber fast nicht als Teil des Stadtbildes wahrgenommen. »Andererseits ist nichts zu hören - auch ein gutes Zeichen für ein sehr reibungsloses Miteinander«, so Küchler.
Gegen Vorurteile anarbeiten
Es sei gut, dass es die Moschee gebe, auch dass die türkische Gemeinde immer wieder offen und geduldig gegen Informationsdefizite und Vorurteile anarbeite. Diese Vorurteile machte auch Hakki Yilmaz zum Thema: Es sei viel zu wenig über den Glauben und die Kultur bekannt.
Auch die Ditib-Organisation werde häufig in ein falsches Licht gerückt, sagte Yilmaz. Sie sei kein Arm des türkischen Staates. In der Moschee gehe es absolut säkular zu. Jegliche politische Betätigung werde von der Religion ferngehalten.
Zuwiderhandlungen hätten ernste Konsequenzen, betonte Yilmaz. Es gehe dabei um den Regelverstoß an sich, da werde nicht unterschieden, ob er dem türkischen Staat eventuell nutze oder ihm schade. Im gleichen Geiste habe man im OB-Wahlkampf auch Wahlwerbeveranstaltungen in der Moschee abgelehnt.
Beharrlich wandte sich die Gemeinde auch gegen eine vereinfachende Medienberichterstattung. Dabei werde die Scharia häufig zum Synonym für Krieg, Terrorismus, Gesetzlose und menschenfeindliches Verhalten, wie das Abhacken der Hände als Strafe. »So etwas empört uns«, sagte Yilmaz. Das möge es in Saudi-Arabien geben, doch dort sei es Teil der Politik des Königshauses. Es sei aber kein Teil der muslimischen Religion, betonte er.
Für ein friedliches Miteinander
»Alles Quatsch«, sagte auch ein junger Türke am Rande. »Bei unserer Religion ist es wie bei jeder anderen auch. Eigentlich geht es um Friede, Freude, Eierkuchen. Alle Menschen sollen möglichst gut und friedlich miteinander leben können.« Das sei doch der Kern jeder Religion.
Die ganz praktischen Fragen der Christdemokraten zielten auf den Unterschied zwischen Schiiten und Sunniten sowie religiöse Rituale wie Hochzeit und Taufe. Hochzeit gebe es ausschließlich im Anschluss an den Gang zum Standesamt. Die Taufe brauche man als Moslem nicht, schließlich kämen die Kinder ja ohne Sünde zur Welt, erklärte Imam Ismael Arici. »Macht eigentlich Sinn, die Kinder sind ja wirklich unschuldig«, sagte einer aus den CDU-Reihen dazu.
Alle Wertheimer eingeladen
Güler Tosun findet es schade, dass es so viele Vorurteile gibt. Sie ist schwarz gekleidet und trägt ein Kopftuch. All das tue sie aber nur in der Moschee. »Aus Respekt vor dem Kirchenraum«, wie sie erklärt. Sie findet, dass das Miteinander besser sein könnte. Alle Wertheimer seien herzlich eingeladen, in der Moschee vorbeizukommen. Die türkische Kultur finde es auch normal, dass Menschen einfach so vorbeikämen, um sich kennenzulernen.
»Ich lebe schon in der zweiten Generation in Wertheim, bei uns hat noch nie ein Wertheimer geklingelt«, betonte Güler Tosun. Sie äußerte auch den Wunsch, dass sie gerne einmal in einer Wertheimer Familie Weihnachten miterleben wolle. Bislang sei ihr diese Offenheit nicht entgegengebracht worden. Ganz klar machte Tosun aber auch, dass sie an ihrem Glauben festhalten wolle und keine Aufweichung dulde. »Wir wollen keine Reformation im Islam, wir wollen keinerlei Veränderung unseres Glaubens.«